Erst neulich wurde die neue East Side Mall an der Warschauer Straße fertiggestellt. Sie ist damit eins von 70 in Berlin. Im Laufe der letzten Jahrzehnte sind in dieser Stadt die Malls förmlich wie Pilze aus dem Boden gesprossen.
Christinn Repp & David Potthast
Der Bedarf an Verkaufserlebnisfläche steigt ungebändigt, seitdem in den 1960er-Jahren die Typologie der Mall mit dem Europa Center nach Berlin kam. Obwohl in Berlin immer mehr Shopping Center gebaut werden, stehen gut 20 Prozent der vermietbaren Gesamtfläche aller Berliner Malls leer.1 Es geht den Investor*innen in erster Linie um Spekulation und Rendite, werden die Malls doch meistens losgelöst vom städtebaulichen Kontext in schlechter architektonischer Qualität errichtet. Als suburbaner Monolith wirken viele Malls, denen wenig städtebauliche Planung zuteil wurde, in urbanen Gegenden o” deplatziert und schlecht integriert. Die Fassade zeigt es an, nach außen geschlossen und der inneren Erschließungsfläche hin zugewandt. Malls sind scheinbar öffentlich, aber in Wirklichkeit Räume einer privaten Nutzung, die von ihren Besucher*innen Umsatz erwirtschaften möchten. Dem Trend zum Leerstand versuchen die Betreiber*innen im Moment durch eine künstliche Überreizung der menschlichen Sinne mit einer Mischung aus Konsum, Entertainment und Essen entgegenzuwirken. Einige Center sind bereits so unzeitgemäß und so stark vom Leerstand betroffen, dass ihnen der Abriss droht. Die komplexen Eigentumsverhältnisse sorgen zudem dafür, dass mit den Malls derzeit wenig bis gar nichts passiert und Umnutzungen schwierig erscheinen.
Wir sind gegen Abrisse, da wir lernen müssen, mit unseren Gebäudebeständen besser zu wirtschaften, nicht nur, weil die Baukosten stetig steigen, sondern auch, weil viele natürliche Ressourcen endlich sind. Bedauerlicherweise haben viele Objekte heute aufgrund von Vernachlässigung einen verkürzten Lebenszyklus. Wir untersuchen in unserer Thesis, wie eine nachhaltig Umwidmung der Typologie Shopping Center für die Nutzer*innen, Nachbar*innen und die städtische Umgebung aussehen könnte. Welche neue Rolle könnte die Shopping Mall in innenstädtischer Lage in einer zukünftigen konsumkritischen und post-fossilen Gesellschaft einnehmen? Wie kann eine Reintegration des Bestands in den städtischen, nachbarschaftlichen Kontext durch Öffnung des geschlossenen Volumens und durch ein verändertes Programm aus Wohnen, Arbeiten, sozialen Infrastrukturen, Kultur und Nahversorgung gelingen? Wie müssen öffentliche, private und semi-private Flächen für die Nachbarschaft neu verhandelt werden? Die Teilhaben an der Mall ist gekoppelt an die jeweilige Finanzielle Liquidität des Individuums. Wir erdenken ein neues, an der Öffentlichkeit orientiertes Konzept, das alle Menschen integriert und die soziokulturelle Funktion des Shoppings Centers im urbanen Kontext neu deutet und in die Zukunft überträgt. Herausforderungen sind hierbei vor allem das Arbeiten mit der bestehenden Bausubustanz, ihrer Beschaffenheit, ihren verbauten Fassadenteilen und ihren schwer zu belichtenden Dimensionen. Mit unserer Thesis spielen wir anhand eines Berliner Beispiels eine Umwidmung eines von Leerstand betroffenen Shopping Centers durch.