Wie wäre es, wenn es kommunale Nutzungen in den Dächern geben würde? Hausgemeinschaften, ihr Dach nutzen könnten, um gemeinsame Projekte zu verwirklichen? Wenn jede und jeder Zugang zu einer Dachterrasse hätte? Urbane Dachlandschaften sind gegenwärtig und in Zukunft zunehmend Gegenstand unterschiedlicher, konkurrierender Interessen. Entgegen aller Spekulation und Penthouse-Logik haben wir uns in Zusammenarbeit mit der GSE gGmbH (Gesellschaft für Soziale Stadtentwicklung gGmbH) getraut zu träumen und glauben: Es muss möglich sein, die innerstädtischen Dächer klimafreundlich und gemeinwohlorientiert zu aktivieren.
In Berlin fehlt es an Raum: nicht nur an Wohnraum, sondern auch an zugänglichem Raum für kulturellen und sozialen Austausch, Bildung und Gemeinschaft. Derzeit begegnet der Berliner Senat diesem Raummangel mit einer Neubauoffensive, während bestehende Räume leer stehen. Die Flächen auf und unter den bereits bestehenden Berliner Dächern bleiben dabei ein – im Sinne einer gemeinwesenorientierten Stadtentwicklung – wenig diskutierter Leerstand. Dabei birgt allein die Dachfläche des Gründerzeitlichen Gebäudebestands ein theoretisches Potenzial von 35.250 Wohneinheiten.
Es gibt 2.220 Blöcke in Berlin, die überwiegend mit Gebäuden bebaut sind, die zwischen 1860 und 1920 errichtet wurden (Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen 2018), sprich 2.220 Blöcke mit vorwiegend gründerzeitlicher Bebauung.
Unser Dach(t)raum beginnt in einem Block mit einer besonders niedrigen Ausbauquote von 30%. Diese Quote ist kein Mittelwert, jedoch auch keine Seltenheit. Stellt euch das enorme Potential vor, wenn sich allein 10% der Gründerzeitblöcke zu grünen, gemeinwohlorientierten, innerstädtischen Ausgleichsflächen entwickeln würden.
Die Ressource Dach ist geprägt durch ihre heterogene Eigentümer*innenstruktur. Das erschwert den Zugang und eine flächendeckende Lösung. Gerne wird auf die privilegierte Zentrumslage und den exklusiven Ausblick spekuliert. Das Gemeinwohl wird Stück für Stück aus der Innenstadt verdrängt, genau wie eine demographisch durchmischte, gewachsene Sozialstruktur. Umso wichtiger ist es, die Dächer als verbleibende Lücken mit ökologisch und sozial nachhaltigen Ideen zu füllen. Die GSE gGmbH verwaltet einen kleinen, aber wichtigen Teil landeseigener Liegenschaften gemeinwohlorientiert und gibt uns die Möglichkeit, unseren Dach(t)raum anhand eines konkreten Beispiels zu testen.
Foto @nbl.berlinIn Alt-Moabit hängen vier ungenutzte Dachräume zusammen und können eine große Ergänzungsfläche für die gewachsene Stadtstruktur darunter darstellen. Die Dächer entspringen dem gründerzeitlichen Bestand der so zahlreich vorhanden und unbeplant ist. Dabei zeigen sich immer wiederkehrende und übertragbare räumliche, soziale und konstruktive Parameter. Die Ecke in Alt-Moabit gibt es auch in Neukölln und in dutzenden anderen Stadtsituationen in Berlin. Wir wollen sowohl die sozialen, die materiellen als auch die räumlichen Ressourcen vor Ort kreislaufgerecht weiterdenken.
Unser Vorschlag: Im Großen wie im Kleinen werden…
Unter den Dächern finden sich vielseitige soziale, räumliche und materielle Ressourcen, die es zu bewahren und zu nutzen gilt. Sie können einen kontinuierlichen Beitrag zur Innenstadtentwicklung leisten, denn als freies, bereits versiegeltes Baufeld könnten die Dächer eine immer wiederkehrende Ausgleichsfläche für die gewachsenen Strukturen darunter sein. Sie können eine dynamische Verteilung von Raum begünstigen und Wohnraum oder fehlenden gemeinschaftlichen Sozialraum für alle ergänzen. Sie können zur innerstädtischen Grünfläche, zum Energielieferanten und Materiallager werden und dürfen keine unterschätzte Maßnahme oder ungesehener Leerstand bleiben.