Der aktuelle Ansatz im Wohnungsneubau, insbesondere der der öffentlichen Wohnungsbaugesellschaften, ist geprägt von Effizienz in Hinblick auf Stückzahlen und Kostenminimierung um den Mieter*Innen kostengünstige Mieten anbieten zu können. So entstehen aktuell vorrangig konventionelle, anhand der Errichtungskosten orientierte, monofunktionale Wohngebäude und Siedlungen, die wenig auf die aktuellen Entwicklungen des Klimawandels und der Ressourcenverknappung reagieren.
Abbildungen © ARGE ZRS + BFM
Untersuchungen der letzten Jahre zeigen auf, dass aktuelle Wohnbauten die geplanten energetischen Ziele aus unterschiedlichen Gründen nicht erreichen. Je höher der Grad der Technisierung, um so größer das Fehlerrisiko, woraus sich insbesondere ein Ansatz zur Reduktion von Lüftungs-, Klima- und Steuerungstechnik ableitet. Lüftungstechnik führt oftmals zu sehr geringen Luftfeuchten, die im Winter nicht selten unter 30% relative Raumluftfeuchte fallen. Dies führt, aufgrund einer erhöhten Aktivität von Mikrobiomen, zu einem erhöhten Gesundheitsrisiko für die NutzerInnen. Gebäude aus feuchtesteuernden Naturbaustoffen wie Holz, Naturfasern und Lehm ermöglichen den Verzicht von Lüftungstechnik und sorgen für Luftfeuchten innerhalb der nach ExpertInnen Meinung angestrebten 40 – 60% relativer Raumluftfeuchte bei freier Lüftung.
Das Forschungsvorhaben kooperiert mit dem Realisierungsprojekt ,Pilot – Nachhaltigkeit‘ der Wohnungsbaugesellschaft Stadt und Land in Berlin, welches durch die ARGE ZRS und Bruno Fioretti Marquez bearbeitet wird. Das Projekt erfolgt interdisziplinär in Zusammenarbeit mit der Technischen Universität Braunschweig, der Universität Stuttgart und dem Natural Building Lab der TU Berlin. Ziel ist es die wissenschaftlichen Ergebnisse in den Planungs- und Bauprozess einfließen zu lassen. Dabei werden die in vorangegangener Forschung und in einzelnen privat finanzierten Bauvorhaben gemachten Erfahrungen mit hygroskopischen und hygrothermisch aktiven Naturbaustoffen genutzt und deren Übertragbarkeit auf einen robusten technikreduzierten öffentlichen Wohnungsbau untersucht. Die zentrale Forschungsfrage ist ob, bzw. zu welchen Bedingungen, ein robustes LowTech Bauen im Sinne extremer Reduktion von Lüftungs- und Gebäudetechnik im Segment des erschwinglichen Wohnungsbaus möglich ist. Das Realisierungsprojekt plant dazu zwei Baukörper jeweils in Holz-Lehm und in Ziegel-Holz Konstruktionsweise in Berlin Britz. Voruntersuchungen und Annahmen aus der Forschung können so in einem späteren Monitoring verifiziert werden.
Bisher wurden mithilfe verschiedener Entwurfsstrategien zwei kompakte Baukörper entworfen. In transdisziplinären Gesprächsformaten wurden Designparameter festgelegt, die unmittelbar in den Entwurf eingeflossen sind. Über eine Lebenszyklusanalyse (LCA) werden die Baukörper nach Festlegung der Bauteilaufbauten miteinander verglichen.