Bachelorthesis WiSe 21 / 22
Sarra Abid, Merlin Ehlers, Jonas Haala, Niko Hoeck, Katerina Tzouvala
Betreuung: Natural Building Lab
Zweitprüferin: Prof. Anupama Kundoo
Alle Inhalte
© Sarra Abid, Merlin Ehlers, Jonas Haala, Niko Hoeck, Katerina Tzouvala
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, wie Orte, deren Geschichte von Entwicklung und Modernisierung geprägt sind, einen höheren Grad an Autonomie und Entscheidungsfreiheit zurückerlangen können. Am Beispiel der Serkong School hinterfragen wir, ob eine Mehrzahl an westlichen freiwilligen Helfer*innen und Spendengeldern nur dann hilfreich ist, wenn es eine langfristige Planung und einen Willen zur eigenständigen, gemeinschaftlichen Entscheidungsfindung gibt. Mithilfe von architektonischen Interventionen verbildlichen wir diese Idee von höherer Autonomie durch gemeinschaftliches Entscheiden, Stärkung der lokalen Identität und Experimentieren.

In den Oasen am Flussbett des Spiti-Rivers hat sich über die letzten tausend Jahre eine reiche Kultur entwickelt, geprägt vom tibetischen Buddhismus und dem Verlauf der Jahreszeiten: die Sommer dienen der harten Arbeit auf dem Feld, während die extrem kalten Winter von Hochzeiten, religiösen Zeremonien und familiären Feierlichkeiten geprägt sind.

Doch diese Entwicklung blieb nicht ohne Folgen: Starker wirtschaftlicher Druck auf die Landwirtschaft und die westlichen Einflüsse auf die Lebensweise führen dazu, dass das traditionelle Wissen über Wasser- und Landnutzung, die Sprache und Kultur verloren geht.
Um dieser Entwicklung etwas entgegenzusetzen, gründete der Abt des Klosters in Tabo, einem
der größeren Dörfer in Spiti, eine Privatschule. Sie soll neben moderner Bildung den Jüngsten ihre eigene Tradition, Kultur und vor allem Sprache näherbringen und so dem Verlust dieser wertvollen Ressource vorbeugen. Die Schule unterrichtet etwa 250 Schüler*innen, die in den Hostels auf dem Schulgelände wohnen. Der Unterricht richtet sich nach dem indischen Lehrplan und wird auf Hindi durchgeführt, doch es werden daneben auch die lokale Sprache Bhoti sowie traditionelle Musik und Tanz gelehrt.

Gardening & Students Kitchen
Unsere architektonischen Interventionen werfen mehr Fragen auf, als sie beantworten – oder zumindest hoffen wir, dass sie das tun. Sie fassen unsere Beobachtungen zusammen und verdeutlichen, wie viel die Gemeinschaft mit den ihnen bereits zur Verfügung stehenden Ressourcen erreichen können, wenn sie mit einer gemeinsamen und klaren Vision vor Augen zusammenarbeiten. Wir haben architektonische Konzepte für den Himalaya ausschließlich aus westlicher Sicht erforscht und können daher nur Vorschläge und keine vollständigen Lösungen vorschlagen.





Open Learning Space
Um mit minimalen Mitteln eine große Wirkung zu erzielen, schlagen wir im alten Apothekengebäude, das sich im südlichsten Teil der Mehrzweckhalle befindet, eine reine Nutzungsänderung vor. Die Apotheke wird in einen vielseitigen Unterrichtsraum umgewandelt, in dem praktische Arbeit sowie traditioneller Tanz und Musik im Mittelpunkt stehen.




Diese wenigen Monate waren für unsere Gruppe eine großartige Lernerfahrung. Die ursprüngliche Frage, wie wir Tabo helfen können, verwandelte sich schnell in: Was können wir von Tabo lernen?
Tabo hat uns gezeigt, dass die Richtung des Fortschritts kein universelles Konzept ist. Sie sollte nicht passiv hingenommen werden, sondern vielmehr an den jeweiligen geografischen und kulturellen Kontext angepasst werden. Orte mit einer Geschichte westlicher Entwicklung und Modernisierung können und sollten ein größeres Maß an Autonomie zurückgewinnen, indem sie sich wieder auf ihre Wurzeln und Ressourcen besinnen. Das Beispiel der Serkong-Schule verdeutlichte, dass eine Vielzahl westlicher Freiwilliger und Spender nur dann hilfreich ist, wenn es eine langfristige Planung und eine autonome Gemeinschaft im Kern gibt.
Vielen Dank an Serkong Rinpoche, Padma Chottar, Annette Kleinbrot, Satprem Maini, Pratyush Shankar, Dorje, Tashi, Anam, Santosh & die gesamte Serkong School